Es war einmal ein kleines, malerisches Dorf in einem Sonnenblumental. Das Dorf war bekannt für seine farbigen Häuser, seine weiten, blühenden Gärten und seine herzlichen Bewohner. Jedes Jahr zur Osterzeit verwandelte sich das Sonnenblumental und das kleine Dorf in ein wahres Farbenmeer: Die umliegenden Felder und Blumen begannen wieder, in voller Pracht zu blühen und es fand der alljährliche Ostermalwettbewerb statt. Kinder aus dem ganzen Dorf schafften fröhliche Bilder, die sie stolz auf dem großen Dorfplatz präsentierten. Jedes Bild wurde von einer Jury bewertet, und der Gewinner erhielt eine große Osterüberraschung.

Dieses Jahr wollte auch Emma, ein zehnjähriges und schüchternes Mädchen, an diesem Wettbewerb teilnehmen. Bisher hatte sie immer nur zugeschaut. Die Bilder der anderen Kinder waren immer unheimlich hübsch und voller Kreativität, doch Emma war stets zu schüchtern, um ihre eigenen Kunstwerke zu präsentieren. Doch dieses Jahr wollte sie ihren ganzen Mut zusammennehmen und es wagen.

Emma lebte mit ihrer Großmutter – Oma Frieda – in einem kleinen, gemütlichen Häuschen am Rande des Dorfes. Oma Frieda hatte Emma über all die Jahre viele Geschichten erzählt und sie versuchte Emma immer zu ermutigen, ihre Kreativität auszuleben.

Eines Abends, als die ersten Frühlingsblumen zu blühen begannen und der Duft von frischem Gras durch die Fenster zog, setzte sich Emma zu ihrer Großmutter auf das alte, knarrende Sofa. „Oma, ich möchte dieses Jahr am Ostermalwettbewerb teilnehmen“, sagte sie und versuchte, so entschlossen wie möglich zu klingen.

  • Oma Frieda lächelte liebevoll und legte ihre Hand auf Emmas. „Das ist eine wunderbare Idee, mein Schatz. Ich wusste, dass du dich eines Tages trauen würdest, dein Talent zu zeigen. Wenn du es mit anderen teilst, können auch sie Freude daran haben.“

    Emma strahlte für einen Moment, verlor jedoch schnell ihr Lächeln wieder. „Aber Oma, ich weiß nicht, was ich malen soll. Alle anderen Kinder haben immer so tolle Ideen und mir fällt nichts ein.“

    Oma Frieda lachte leise. „Weißt du, Emma, die besten Ideen kommen oft aus dem Herzen und spontan. Lass uns morgen gemeinsam überlegen, was dir Freude macht und dich inspiriert.“

    Am nächsten Morgen gingen Emma und ihre Oma Frieda in den großen Garten hinter dem Haus. Die Sonne hatte das Gras angenehm aufgewärmt und die Vögel zwitscherten und flatterten schon eifrig durch die Luft. Emma und ihre Oma setzten sich auf eine alte Decke, die Frieda selbst gewebt hatte, und begannen mit ihren Überlegungen. „Erzähle mir, was du liebst du besonders an Ostern, Emma“, sagte Oma Frieda geduldig.

  • Emma überlegte einen Moment, bevor sie antwortete, „Ich liebe die bunten Blumen im Frühling, die vielen Schmetterlinge und ich liebe die Geschichten, die du mir immer erzählst. Besonders die von den Abenteuern des kleinen Hasen Hoppel.“

    Oma Frieda lächelte. „Dann könntest du ja eine Geschichte von Hoppel malen. Such dir deine Lieblingsgeschichte aus und lass deiner Fantasie freien Lauf!“

    Die Aufregung wuchs in Emma, als sie das hörte, und sie erinnerte sich an all die Geschichten, die ihr Oma Frieda erzählt hatte. Es gab viele, doch Emma erinnerte sich an ein paar, die sie Frieda immer wieder bat, zu erzählen. Nachdem sich Emma ihre Lieblingsgeschichte ausgesucht hatte, begann sie mit dem Malen.

    Es dauerte auch nicht lange, bis Emma ein schönes Bild vor sich auf ihrem Tisch liegen hatte. Allerdings gefiel es ihr nicht. Es hatte in ihrem Kopf ganz anders ausgesehen, als sie es auf dem Papier malen konnte. Oma Frieda bemerkte, dass Emma nicht glücklich mit ihrem Bild war und fragte sie, was ihr nicht gefiel.

„Ich kriege Hoppel nicht richtig hin“, sagte Emma enttäuscht. „Und die Farben gefallen mir jetzt auch nicht mehr.“

Oma Frieda dachte einen Moment nach, wie sie Emmas Gedanken auf eine andere Bahn bringen konnte. Schließlich sagte sie, „Ich finde dein Bild sehr gut – auch Hoppel und die Farben. Wenn du dir aber unsicher bist, kannst du versuchen, eine ganz neue Geschichte von Hoppel zu malen. Eine, die es noch nicht gibt.“

Emma sah neugierig auf und lauschte ihrer Oma.

„Wusstest du, dass vor vielen Jahren, als ich noch ein kleines Mädchen war, Hoppel das Dorf vor einer großen Gefahr gerettet hat?“

Emma kannte diese Geschichte noch gar nicht und lauschte, als Oma Frieda davon erzählte, wie Hoppel eines Nachts ein großes Feuer im Wald entdeckt hatte und sofort ins Dorf gehüpft war, um alle zu warnen. Dank seiner Schnelligkeit und seinem Mut konnten die Dorfbewohner das Feuer rechtzeitig löschen und das Dorf im Sonnenblumental retten.

„Vielleicht kannst du dir deine eigene Geschichte zu Hoppel ausdenken“, meinte Oma Frieda schließlich, „und die kannst du dann so malen, wie du es willst.“

Emma blieb eine Weile still, doch ihre Gedanken arbeiteten schon wieder. Ein Feuer wollte sie nicht malen, aber Hoppel als Held konnte sie sich gut vorstellen.

Also nahm sie sich vor, jeden Tag ein bisschen an ihrem neuen Bild zu arbeiten.

Zuerst skizzierte Emma die Umrisse auf einem großen Blatt Papier. Hoppel sollte in einem blühenden Garten stehen, umgeben von hohen Blumen und schönen Schmetterlingen in allen Farben. Über ihm malte Emma ein großes, goldenes Osterei, das der Hase auffangen sollte. Im Hintergrund malte sie ihr Dorf im Sonnenblumental, das in der Abenddämmerung leuchtete.

Jeden Nachmittag, nach der Schule, setzte sich Emma an ihren kleinen Tisch am Fenster und malte. Oma Frieda brachte ihr Tee oder Kakao sowie Kekse und schaute ihr oft über die Schulter. „Das wird ein wunderschönes Bild, Emma. Ich kann es schon sehen“, sagte sie immer wieder.

Emma arbeitete unermüdlich an ihrem Bild und mischte verschiedene Farben zusammen oder probierte sie auf einem anderen Blatt Papier vorher aus. Schon bald leuchtete das Dorf in warmen Farben, und Hoppel strahlte vor Mut. Die Blumen und Schmetterlinge schienen zu tanzen, und der Himmel ging von einem tiefen Blau langsam in das feurige Rot der Abenddämmerung über.

Oma Frieda bewunderte die Fortschritte, die ihre Enkelin machte. „Du machst das großartig, mein Schatz“, sagte Oma Frieda eines Abends, als Emma den letzten Pinselstrich setzte. „Ich bin so stolz auf dich. Das könnte dein bestes Bild bisher sein.“

Emma konnte ihr Strahlen dieses Mal nicht mehr verbergen. Sie war wirklich stolz auf ihr Bild und konnte es kaum erwarten, es beim Wettbewerb zu zeigen. Tief in ihrem Herzen war sie jedoch immer noch ein wenig nervös. Was, wenn die anderen Kinder es nicht mochten? Was, wenn die Jury es nicht verstand?

Als der große Tag des Ostermalwettbewerbs kam, wurde der Dorfplatz festlich geschmückt und überall standen bunte Stände mit Leckereien und Spielen. Die Kinder hatten ihre Bilder auf Staffeleien gestellt, und die Bewohner des Dorfes schlenderten fröhlich umher, bewunderten die vielen Kunstwerke und unterhielten sich.

Emma stand neben ihrem Bild. Sie mochte es immer noch, doch ihre Hände zitterten ein wenig. Oma Frieda hielt ihre Hand und flüsterte ihr beruhigend zu. „Alles wird gut, mein Schatz. Dein Bild ist wunderschön, und du hast dein Bestes gegeben. Das kann jeder sehen.“

Die Jury, bestehend aus dem Bürgermeister, dem Dorfschullehrer und einem bekannten Künstler aus der Nachbarstadt, begann mit der Bewertung. Sie betrachteten jedes Bild sorgfältig und tauschten ihre Meinungen aus. Als sie zu Emmas Bild kamen, hielten sie einen Moment inne. Der Bürgermeister lächelte, der Dorfschullehrer nickte anerkennend, und der Künstler betrachtete die Details mit großem Interesse.

Schließlich, als die Jury ihre Entscheidung getroffen hatte, trat der Bürgermeister vor die Menge und hob die Hände, um Ruhe zu bitten.

„Liebe Dorfbewohner, liebe Kinder, es war wie immer eine Freude, eure einzigartigen Bilder zu sehen. Jeder von euch hat Großartiges geleistet, und jedes Bild war auf seine eigene Art schön. Doch wir können uns leider nur einen ersten Platz wählen. Dieses Jahr möchten wir Emma für ihr inspirierendes Bild und die wunderbare Geschichte dahinter auszeichnen!“

Emma konnte es kaum glauben. Die Dorfbewohner jubelten, und Oma Frieda umarmte sie fest. „Ich wusste, dass du es schaffen würdest“, flüsterte sie ihr freudig ins Ohr.

Der Bürgermeister überreichte Emma einen großen Korb voller Ostereier, Schokolade und bunter Bänder. „Dein Bild hat uns alle berührt, Emma“, erklärte er ihr.

Emma lächelte strahlend und fühlte sich zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich mutig. Sie wusste, dass dies der Beginn von etwas ganz Besonderem war. Mit der Unterstützung ihrer Großmutter und der inspirierenden Geschichten der Dorfältesten hatte sie ihren Mut gefunden und ihre Kreativität gezeigt.

Und so endete der Ostermalwettbewerb in diesem Jahr nicht nur mit einem glücklichen Gewinner, sondern auch mit einer wichtigen Lektion: Mut und Kreativität kommen von Herzen, und manchmal braucht es nur ein wenig Ermutigung, um sie zu entfalten. Emma wusste, dass sie von nun an immer den Mut haben würde, ihre Träume zu verfolgen und ihre Geschichten mit der Welt zu teilen. Und das war das schönste Geschenk, das sie sich hätte wünschen können.