

Leni war ein ruhiges Mädchen. Sie mochte es, draußen zu sitzen, den Wind auf ihrer Haut zu spüren und in den Himmel zu blicken. Vor ihrem kleinen Haus, am Rande eines dichten Waldes, saß sie oft mit ihrer schwarzen Katze Nox auf der Steintreppe.
Heute war eine besondere Nacht.
Der Himmel war klar, und der Mond leuchtete so hell, dass man den Tau auf dem Gras schimmern sehen konnte. Die Luft fühlte sich anders an – als würde etwas Geheimnisvolles in der Dunkelheit lauern.
Neben ihr saß Nox, mit ihrem glänzenden, tiefschwarzen Fell und den leuchtenden, goldenen Augen. Die Katze starrte Leni an, so intensiv, dass es fast wirkte, als wollte sie ihr etwas sagen.
„Was ist los, Nox?“ flüsterte Leni.
Nox stand plötzlich auf, machte einen Satz ins Gras und lief in Richtung des Waldes. Doch nach ein paar Metern blieb sie stehen und sah zurück – direkt in Lenis Augen.
Es war, als ob sie sagen wollte: Komm mit.
Leni wusste, dass ihre Katze oft in den Wald verschwand, aber noch nie hatte sie so eindringlich gewartet.
Ein seltsames Kribbeln breitete sich in ihrem Bauch aus. Sollte sie wirklich mitgehen?
Sie griff nach ihrem Rucksack, den sie immer bereit hatte, wenn sie auf Erkundungstouren ging. Eine Wasserflasche, eine kleine Decke und eine Taschenlampe waren darin.
Mit einem letzten Blick auf ihr Haus machte sie sich auf den Weg.
Der Wald war in der Dunkelheit ganz anders als am Tag.
Die Blätter rauschten leise im Wind, und irgendwo in der Ferne zwitscherte eine einsame Nachtigall.
Leni fühlte, wie ihre Schritte langsamer wurden. Sie war unsicher. Warum führte Nox sie hierher?
Nach einer Weile bemerkte sie ein sanftes Licht zwischen den Bäumen. Es war warm und golden, flackerte aber wie Kerzenlicht.
Neugierig lief sie schneller.
Und dann traute sie ihren Augen nicht.
Vor ihr stand eine lange Tafel, mitten im Wald!
Darum herum saßen unzählige Katzen.
Es waren große und kleine, helle und dunkle. Sie alle saßen ordentlich auf Stühlen und blickten sie an.
Und auf dem Tisch? Ein Festmahl!
Dampfende Schälchen mit Milch, frisch gebackenes Brot, Fisch, Käse, süße Törtchen – es sah aus wie ein richtiger Festschmaus!
„Was… ist das hier?“ flüsterte Leni.
Nox sprang elegant auf den Tisch und setzte sich genau in die Mitte.
Eine graugetigerte Katze mit einem kleinen Hut trat an Lenis Seite.
„Willkommen, Gast!“ sagte sie mit sanfter Stimme.
Leni riss die Augen auf. „Ihr… ihr könnt sprechen?“
Die Katze nickte. „Nur in dieser Nacht. Heute ist das große Katzenfest.“
Leni setzte sich vorsichtig auf einen Stuhl. Sie wusste nicht, ob sie träumte – aber alles fühlte sich echt an.
Die Katzen begannen zu essen, zu schnurren und sich leise miteinander zu unterhalten. Leni fühlte sich seltsam wohl.
Doch dann fiel ihr ein großes hölzernes Schild auf. Darauf war eine Zeichnung:
Ein Hirsch mit einem leuchtenden Geweih.
„Wer ist das?“ fragte sie leise.
Die graugetigerte Katze hob den Kopf.
„Das ist der Hüter des Waldes. Man sieht ihn nur, wenn man ihn braucht.“
Leni runzelte die Stirn. „Was heißt das?“
Die Katze lächelte nur geheimnisvoll. Plötzlich wurde es ganz still. Der Wind hatte aufgehört zu wehen. Die Katzen blickten auf – etwas näherte sich.
Leni drehte sich um. Und dann sah sie ihn. Einen riesigen Hirsch.
Sein Fell war dunkelbraun, fast schwarz – und sein Geweih leuchtete hell wie der Mond.
Leni hielt den Atem an. Der Hirsch bewegte sich ruhig und majestätisch. Seine Augen wirkten weise und freundlich. Er trat langsam näher, und je näher er kam, desto wärmer wurde die Luft um Leni herum.
Die Katzen neigten ehrfürchtig ihre Köpfe. Leni spürte ein sanftes Kribbeln in der Brust.
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Es war, als ob der Hirsch ihr sagen wollte: „Du bist auf dem richtigen Weg.“ Nox schnurrte leise und schmiegte sich an Lenis Bein. Leni lächelte. Sie wusste nicht genau warum, aber sie fühlte sich plötzlich leichter. Der Hirsch nickte langsam. Dann drehte er sich um – und verschwand lautlos in der Dunkelheit des Waldes. Leni stand still. Die Katzen sahen ihr schweigend zu. Dann sagte die graugetigerte Katze leise: „Du hast ihn gesehen. Das ist selten.“ Leni nickte langsam. „Aber… warum?“ fragte sie. Die Katze lächelte. „Manche Dinge erkennt man erst, wenn man bereit dafür ist.“ Leni dachte nach. Vielleicht hatte der Hirsch ihr zeigen wollen, dass sie keine Angst haben musste, neue Wege zu gehen. Dass sie stärker war, als sie dachte. Lächelnd stand sie auf. „Komm, Nox. Lass uns nach Hause gehen.“ Die schwarze Katze sprang von ihrem Schoß, und gemeinsam liefen sie zurück durch den Wald.
Die Nacht war nun nicht mehr dunkel.
Sie war voller Licht.
Ende